Die lange Geschichte des Weihnachtssterns
Zur Adventszeit ist der Weihnachtsstern heute weltweit kaum noch wegzudenken, denn allein die Kulturgeschichte von Euphorbia pulcherrima in Europa und Amerika reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Doch bereits davor wurde sie von den einheimischen Völkern Mittelamerikas wertgeschätzt. Wir erzählen die Geschichte des Weihnachtssterns von seiner Entdeckung bis heute.
„Cuitlaxochitl“ – das Symbol der Reinheit
Was das mit dem Weihnachtsstern zu tun hat? Der wohl erste Kontakt zwischen der Ursprungsform der uns heute bekannten Zierpflanze und dem Menschen fand etwa im 14. Jahrhundert statt. Die Azteken bevölkerten bis ins späte fünfzehnte Jahrhundert hinein die Wälder Mittelamerikas und waren ausgesprochen vertraut im Umgang mit zahllosen Pflanzen. Mit ihrer großen Begeisterung für botanisches Wissen wussten sie genau, welche Pflanzen giftig oder genießbar sind, sowie um die medizinische Wirkung einiger Arten. Der bis zu vier Meter hohe Strauch mit seinen faszinierenden, leuchtend roten Hochblättern musste wohl eine besonders beeindruckende Wirkung auf die Azteken gehabt haben.
Die mesoamerikanische Zivilisation der Azteken ist bekannt für ihre Rituale und einzigartige, religiöse Kultur. Den Weihnachtsstern bauten die Azteken in Ihren Gärten an und nutzen die Triebe mit farbigen Hochblättern um ihre Tempelanlagen und religiösen Stätten zu schmücken. Außerdem gewannen sie aus den Laubblättern einen roten Farbstoff und auch die leicht giftige Pflanzenmilch fand in der Medizin als fiebersenkendes Mittel Verwendung. Verständlich, dass der aztekische Kaiser Montezuma die Poinsettie als Lieblingspflanze betrachtet haben soll – für die Azteken galt sie als Symbol der Reinheit und wurde nahezu verehrt. Getauft wurde die Pflanze „Cuitlaxochitl“, was sich als „Lederblume“ übersetzen lässt. Wegen der Geschichte des Weihnachtssterns wird er auch heute noch vereinzelt „Stern der Azteken“ genannt.
Der Weg nach Europa
Alles änderte sich für die antike Zivilisation, als zwischen 1519 und 1521 mehrere Schiffe an der mittelamerikanischen Küste landeten – die Spanier. Nach friedlichem Erstkontakt endete das Zusammentreffen von Azteken und Spaniern doch blutig. Das Gebiet wurde erobert und unter anderem fanden die Spanier großen Gefallen an der auffallenden Pflanze, welche die Azteken in ihren Gärten kultivierten.
Francisco Hernandez de Toledo war spanischer Arzt und Naturforscher und beschrieb die Poinsettie in seinem Werk, dass ein Verzeichnis aller medizinischen Anwendungen des damaligen Spaniens beinhaltete. Damit war er der erste Mensch außerhalb der Zivilisation der Azteken, welcher von „Cuitlaxochitl“ fasziniert war.
„Euphorbia pulcherrima“ – der Name für die Schönste
Nachdem die Spanier die Gebiete der Azteken endgültig erobert hatten, kamen immer mehr Europäer nach Mittelamerika. Darunter auch Marin Sesse y Lacasta und José Mariano Macin – Landsmänner von de Toledos, die sich um 1800 auf einer Forschungsreise befanden. Auch sie erblickten „Cuitlaxochitl“ und waren so begeistert von dessen Erscheinungsbild, dass sie mehrere Exemplare mit nach Spanien brachten. 1803 verschlug es den deutschen Naturforscher Alexander von Humboldt in die neu entdeckten Gebiete. Auch er sammelte mehrere der wunderschönen Pflanzen ein und brachte sie nach Deutschland. Dreißig Jahre später folge der Botaniker Wilhelm Friedrich von Karwinksy von Karwin, der auf einer Reise durch Mexiko ebenfalls nicht die Finger von der Schönheit mit den leuchtenden Hochblättern lassen konnte. Nachdem die wilde Gattung gleich mehrfach Aufsehen erregt hatte erhielt sie alsbald ihre uns heute bekannte, botanische Bezeichnung. Eurphorbia pulcherrima hieß es in der „Allgemeinen Gartenzeitung“ im Jahr 1834, stehe für ihre äußerst ansehnliche Erscheinungsform, gerade unter anderen Vertretern innerhalb der Familie der Wolfsmilchgewächse – eben wie sich der botanische Name übersetzen lässt „die Schönste unter den Wolfsmilchgewächsen“.
Auch unter dem Namen Poinsettia bekannt
Bei der Bezeichnung „Poinsettia“ handelt es sich um einen inoffiziellen Namen, der sich fast zeitgleich etablierte. Hintergrund war ein Ausflug des ersten amerikanischen Botschafters in Mexiko, der sich ein Bild von dem Land machen wollte. Dabei fielen auch dem Politiker und Hobby-Botaniker die Pflanzen schnell ins Auge und er war mehr als angetan von ihrer Schönheit. Er nahm sie mit zurück in die USA, wo er sie an Freunde und Bekannte verschenkte und sie botanischen Gärten im ganzen Land zukommen ließ. Im Bartram‘s Botanical Garden in Philadelphia stieß die Pflanze auf so viel Begeisterung, dass sie sich entschieden diese zu züchten und in den Handel zu bringen. Präsentiert wurde die Euphorbia dann auf der Philadelphia Flower Show – benannt als „Poinsettie“ nach ihrem Amerikanischen Importeur – Joel Roberts Poinsett.
Weltweit beliebt vor allem zur Adventszeit
Wie auch die ersten Entdecker des Weihnachtssterns, waren die amerikanischen Konsumenten bei dessen Markteinführung begeistert. Es dauerte nicht lange, bis die Poinsettie auf dem gesamten Kontinent angeboten wurde.
Da sie in wärmeren Regionen auch wild Wuchs, machte sich dies ein deutscher Immigrant am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zunutze – Albert Ecke fand auf seinem Land wild wachsende Sträucher und er fand ihre rot gefärbten Laubblätter äußerst weihnachtlich. Daraufhin schnitt er diese zur Weihnachtszeit und bot prächtige „Poinsettia“-Sträuße an. Ecke hatte so viel Erfolg mit seiner Idee, dass er die Zucht und den Verkauf der festlichen Pflanze rasch Hauptberuflich betreiben konnte. Als sein Sohn Paul Ecke den Betrieb seines Vaters erbte, nutze dieser sein Geschick in Sachen Vermarktung und führte den Namen „Weihnachtsstern“ ein. In Zusammenarbeit mit Fachmagazinen erhielt der Begriff schnell einen festen Platz in der amerikanischen Weihnachtskultur.
Doch vor Ländergrenzen machte der Erfolg des Weihnachtssterns nicht lange halt und auch in Europa war er extrem begehrt. In den 1950er Jahren gelang es amerikanischen wie europäischen Pflanzenzüchtern dann, Euphorbia pulcherrima in die kompakte, im Topf gehaltene Zimmerpflanze zu verwandeln, die wir heute kennen und lieben. Seitdem gibt es durch ständige Zuchtanstrengungen immer neue Sorten, sodass der Weihnachtsstern in den verschiedensten Farben, Größen und Formen verfügbar ist. So ist bis heute die Geschichte des Weihnachtssterns noch nicht zu Ende erzählt.